Vom Zauber des Zuhörens
*Januar 2023*
Nun sind sie vorbei, die sogenannten Raunächte. Wie hast du sie verbracht, die Zeit „zwischen den Jahren“ die für viele Menschen eine Zeit der Stille, der inneren Einkehr bedeutet – des In-sich-gehens und des Zuhörens.
Hast du zugehört? Den Menschen um dich herum und auch dir selbst? Was hast du gehört?
Wenn ich von Zuhören spreche, dann meine ich dieses ganz besondere ZUhören – das den rein körperlichen Vorgang des Hörens ergänzt um wirkliche Hinwendung und Aufmerksamkeit. In diesem vermeintlich so selbstverständlichen und einfach zu praktizierendem Vorgang steckt für mich eine besondere Kraft – und zwar für beide Seiten.
Der Zauber des Zuhörens braucht Raum. Einen äußeren Raum, wie ein ungestörtes Zeitfenster und eine ruhige Umgebung, ergänzt durch einen „inneren Raum“. Mit diesem inneren Raum, als Grundlage für ein wirkliches Zuhören, beschäftigen wir uns in der Gewaltfreien Kommunikation. Dieser wird häufig beschrieben als eine innere Leere, eine gefühlte Offenheit und Bereitschaft, wirklich hinzuhören. Hinzuhören auf das was gesagt wird und auch auf das, was mitschwingt. Wofür mein Gegenüber möglicherweise keine Worte findet. Ich finde es lohnt sich, den eigenen inneren Raum zu erforschen und ihn besser kennenzulernen –
Pascal Gentner beschreibt die mögliche Wirkung von Zuhören in dem Lied „Wenn du mir zuhörst“:
Wenn du mir zuhörst
einfach nur zuhörst
dann verschwindet der Nebel in meinem Kopf
und du hilfst mir klarer zu sehen
und du hilfst mir zu verstehn
… dann bin ich dir näher als tausend Worte
es jemals beschreiben könnten
dann geh ich mit dir an tausend Orte
von denen wir beide nichts ahnten
… löst sich etwas in mir und macht sich auf den Weg
bin ich näher an dem was in mir lebt
Zuhören – eine Kurzanleitung
- „Man hört nur mit dem Herzen gut“ – frei nach dem kleinen Prinzen. Wenn ich mich innerlich frei mache von eigenen Gedanken und mein Herz öffne, für das, was mein Gegenüber bewegt und mir mitteilen möchte – dann kann ich zuhören.
- Zuhören ist mehr, als einfach nur still zu sein: Blickkontakt, Nicken oder ein „Hmmm“ können meinem Gegenüber signalisieren, dass ich mit meiner Aufmerksamkeit präsent bin.
- Marshall Rosenberg sagte „Höre nicht ein Wort mehr, als du bereits bis zu hören“ – zum aufmerksamen Zuhören gehört also auch das Unterbrechen: Wenn mein Gegenüber sehr schnell redet, viele Informationen bringt oder sich wiederholt, kann ich vielleicht nicht mehr folgen. Eine Unterbrechung wie beispielsweise „Du entschuldige, ich möchte dir gerne mit meiner ganzen Aufmerksamkeit zuhören und das geht gerade nicht mehr. Ist es ok, wenn ich wiederhole was ich verstanden habe?“ ist dann hilfreich um in Verbindung bleiben zu können.
- Anschluss halten: immer wieder für mich checken, bin ich noch im Kontakt mit meinem Gegenüber und habe ich noch genug inneren Raum oder brauche ich eine Pause vom Zuhören? Wertschätzendes Zuhören bedeutet, dem Gegenüber mitzuteilen: du bist mir wichtig, was du sagen willst, ist mir wichtig und um dir weiter aufmerksam zuzuhören, brauche ich eine Pause.
Die Kraft des Zuhörens – Ausprobieren
Probiere es aus: Das nächste Mal, wenn dir jemand etwas erzählen möchte, versuche „einfach“ bewusst zuzuhören, dein Herz für dein Gegenüber zu öffnen und sei da, lausche: Ohne Kommentare, ohne Tipps oder Bewertungen. Vielleicht nimmst du dir eine Uhr und versuchst 5 Minuten lang zuzuhören und deinem Gegenüber den Raum zu geben, wirklich gehört zu werden.
Foto: privat